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Freitag, 8. März 2019

Faschingsindianer und Weltfrauentag

In der Faschingszeit kochte kurz ein spannendes Thema hoch:
Eine Hamburger Kita schrieb die Eltern an und wünschte, dass die Kinder nicht als Indianer oder Scheich verkleidet zum Fasching erschienen, weil das nicht zum Konzept der ansonsten gelebten Toleranz und Integration passe.


Große Diskussionen im Netz, ob man sich den Indianer verbieten lasse oder nicht. Noch größere Empörung, dass das Indianerkostüm eine Ethnie lächerlich machen würde. Dass Indianer bekämpft, unterdrückt, ausgerottet wurden ...
Alles richtig. 
Und doch nagt das Thema in mir.
Warum?
Ich habe als Kind Winnetou geliebt. (ja! Klischee! Kein echter Indianer!) Wir haben als Kind Cowboy und Indianer gespielt (selber Klammerzusatz) und später habe ich mich ernsthaft mit der Geschichte der Indianer auseinander gesetzt. Und es ist fürchterlich, was passiert ist. Da möchte ich nichts verharmlosen oder relativieren.
Aber ich möchte auf die Kinderkostüme zurückkommen. Bei meinem Sohn sehe ich, dass seine Verkleidung etwas mit Identifikation und Vorbild zu tun hat. Er ging dieses Jahr als Batman und als Ninja. Weil die in seinen Augen für das Gute kämpfen, die Welt retten. Weil er auch so ein Held sein will.
Indianer in Kindergeschichten haben nicht zu tun mit den echten Indianern. So wenig wie Pippi Langstrumpf oder Momo etwas mit echten Waisenkindern zu tun haben. Kein Kind wie die drei ??? echte Kriminalfälle löst. Geschweige denn, dass alle Kinder in Kalifornien so leben wie die drei ???. Auch Harry Potter hat nichts gemein mit dem Schicksal eines "gewöhnlichen" Waisenkindes.
Diese Figuren, und da reihe ich als Indianer jetzt einfach mal Yakari ein, dienen als Projektionsfläche für Kinder. Sie dürfen auch mal wichtig sein, etwas Großes vollbringen. Immer für das Gute kämpfen, für die Gerechtigkeit. Sehr in sind derzeit die Ninjagos von Lego. Es würde niemand auf die Idee kommen, diese mit "echten" Ninjas zu vergleichen.
Sollte mein Sohn also auf die Idee kommen, sich als Indianer zu verkleiden, dann weil er die Idee dahinter sieht. Indianer in Kindergeschichten kämpfen für das Gute, für Gerechtigkeit, setzen sich für Schwächere ein. Und wenn es diese Idee ist, die ihn leitet, finde ich das in Ordnung. Wenn er älter ist, werden wir auch über die Geschichte der Indianer sprechen. Wie über viele andere Geschichten der Unterdrückung. Aber so lange möchte ich ihn noch in seiner Heldenwelt leben lassen. Seine moralischen Kompass ausrichten lassen auf: ich gehöre zu den Guten. Ich setze mich ein. Ich stehe für etwas.

Und nur deshalb habe ich kein Problem mit Indianerkostümen. Weil ich damit eine andere Idee, eine andere Identifikation verbinde.

Bei der ganzen Diskussion fehlte mir ein Punkt: wenn es aus (nachvollziehbaren) Gründen denn nicht mehr opportun sein soll, sich nach Ethnien zu verkleiden, wo bleibt dann die Diskussion um die sexy Krankenschwester, Sekretärin, .... Welches Bild wird denn da transportiert? Sollte das nicht mindestens genauso überholt sein?
Wer sich sexy verkleiden will, gern - aber bitte nicht in Konnotation mit Berufsgruppen, die täglich unter genau dem Klischee zu leiden haben.

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