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Donnerstag, 8. November 2012

ArbeitBabySpagat

Heute bin ich mal wieder über einen Artikel in der Zeit gestolpert, der mich zum Nachdenken anregte. Greift er doch ein Thema auf, das mich auch seit fünf Monaten umtreibt.



Es geht in dem Artikel um Familie und Beruf, um die Veränderungen durch die Gleichberechtigung. Um die Anerkennung der Leistug der Mutter zu Hause. Um die Problematik, dass wir heute Anerkennung fast ausschließlich über beruflichen Erfolg erfahren.

Vor sechs Monaten war bei mir noch völlig klar, dass ich nach des Klabauters Geburt zügig zurück in den Beruf wollte. Ich hatte mit meinem Arbeitgeber alles arrangiert. Besondere Arbeitszeiten beantragt, mich nach Tagesmüttern erkundigt, alles soweit geplant, wie es planbar war.
Es war für mich überhaupt keine Frage. Ein Leben ausschließlich als Hausfrau und Mutter konnte ich mir nicht vorstellen. Dafür macht mir mein Beruf viel zu viel Spaß. Und ich fürchtete, dieses "nur daheim" würde mich nicht auslasten. Ich wollte kein unzufriedene, frustrierte Mutter werden, die ihrem Kind irgendwann mal Vorhaltungen macht.

Und dann kam der Klabauter. Und wir lernten uns kennen. Und ich begann zu begreifen, was so ein kleiner Mensch alles braucht. Und ich lernte an mir völlig neue Gefühle und Ansichten kennen. Auf einmal waren meine eigenen Bedürfnisse gar nicht mehr so wichtig. Das Kind steht im Mittelpunkt.
Es ist noch immer so, dass mir mein Beruf Spaß macht. Es auch noch immer so, dass ich das Hausfrauendasein nicht als erfüllend empfinde. Aber dann ist da mein Kind. Und ich sehe, wie wichtig ich für den Zwerg bin. Und auf einmal stelle ich mir die Frage: steige ich zu früh wieder ein? Braucht er mich noch länger?
Oder tun ihm vier halbe Tage in Gesellschaft anderer Kinder gerade gut? Wir beide sind doch ziemlich viel allein.

Und immer wieder verbiete ich mir diese Fragen. Ich sage mir, dass ich nicht unnötig sentimental sein sollte. Dass mein Platz im Beruf ist.
Da ist es dann das Teufelchen, das mich fragt: Warum? Was ist so schlimm daran, für eine gewisse Zeit auszusteigen?

Und wenn ich ehrlich zu mir bin, muss ich zugeben, dass es durchaus auch eine Frage der Anerkennung ist. Dass es auch frustrierend ist, den ganzen Zag zu Hause zu sitzen. Ohne Teilhabe an dem Leben, das für mich bis vor kurzem so normal war.
Oft komme ich nichtmal dazu, tagsüber Zeitung zu lesen. Und dann passiert das, wovor ich mich bis vor ein paar Monaten gruselte: mein Hauptgesprächsthema am Abend ist die Konsistenz des Stuhlgangs meines Sohnes. Oder was er den Tag über gemacht hat. Weil das derzeit mein Leben ist. Weil ich mich damit den ganzen Tag beschäftige. Weil das derzeit für mich wichtig ist.
Es ist mir wirklch wichtig. Weil mir dieses Kind wichtig ist.

Und jetzt komme ich wieder auf den oben zitierten Artikel: Genau hierfür gibt es keine Anerkennung. Es ist geduldet, dass eine Frau ein Jahr zu Hause bleibt. Cool ist, wer es schafft, früher wieder einzusteigen. Rechtfertigen muss sich, wer über das Jahr hinaus zu Hause bleibt.
Das kann so nicht richtig sein. Völlig unabhängig davon, dass ich jetzt erst merke, wie sehr die Brutpflege mehr als ein full-time Job ist.
Aber es kann doch nicht sein, dass bewundert wird, wer zulasten seiner Familie eine 60-Stunden-Woche hinlegt. Wer die Erziehung seiner Kinder einer staatlichen Einrichtung überlässt. Und mitleidig belächelt derjenige, der sich entschliesst, die eigenen Bedürfnisse und die eigene Karriere zu Gunsten der familiären Bedürfnisse eine zeitlang zurück zu stellen. Irgendwie ist hier in der sozialen Wahrnehmung einiges aus den Fugen geraten.

Natürlich merke ich auch, dass mich dieses Leben zu Hause auf Dauer nicht ausfüllt. Aber es geht eben nicht mehr nur darum, dass ich für mich die Erfüllung finde.
Und so kommt er zustande der Spagat: was braucht mein Kind? Was brauche ich? Und wie ehrlich bin ich zu mir selber?
Wo lasse ich mich beeinflussen durch die Erwartungen (auch die vermuteten) meiner Umwelt?

Zum Glück habe ich noch etwas Zeit, um mir weiter klar zu werden. Um ihn irgendwann hinzubekommen. Den ArbeitBabySpagat.

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