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Sonntag, 17. April 2011

Abschalten. Jetzt.

Nachdem ich in den letzten Postings schon so politisch war, nun ein weiteres Thema, das mir derzeit unter den Nägeln brennt:
Der Atomausstieg. Oder der Ausstieg aus dem Ausstieg? Oder der Aussteig aus dem Ausstieg aus dem Aussteig? Nein, das würde an dieser Stelle zu weit führen, und mich nur nochmal zu einer Fundamentalkritik an den derzeit Herrschenden verleiten. Das hatten wir schon.




Also, der Ausstieg aus der Kernkraft. Ich bin mit dem Thema groß geworden und erinner noch recht genau, wie ich als Steppke mit grell gelbem TShirt und roter Sonne drauf rumgerannt bin. Das Symbol ist hinreichend bekannt. Drunter stand: Atomkraft, nein Danke!
Das TShirt sah fröhlich aus, und irgendwie war es schon immer klar, dass man nicht für Kernkraft sein konnte, und wer dafür war, war doof oder hatte irgendwas nicht richtig verstanden. Gut, seither bin ich gewachsen und habe mich etwas differenzierter mit dem Thema beschäftigt und es immer noch nicht geschafft, zum Kernkraftbefürworter zu werden.
Ich sehe ein, dass Kernkraft insofern sauberer ist als manch andere Kraftwerksform, weil unmittelbar keine schädlichen Emmissionen entstehen. Und sie ist auch gut, weil sie günstig ist. Und weil sie immer verfügbar ist. Also bietet sie Planungssicherheit.

An dieser Stelle endet aber mein Verständnis.

Die jüngsten Ereignisse in Japan haben uns doch gezeigt, wie unendlich gefährlich diese Technologie ist. Nicht, weil ich jetzt ernsthaft fürchte, ein Tsunami könnte Phillipsburg heimsuchen. Aber die Ereignisse haben gezeigt, dass die Kernkraft eine Technik ist, die nicht auf Knopfdruck abzuschalten ist. Also ist sie nicht beherrschbar. Und das macht sie so gefährlich. Weil ich nicht vorhersehen kann, was alles passieren kann. Ich weiss nur, dass wenn etwas passiert, ich den ganzn Kram nicht mehr im Griff habe. Und die Kernkraft hat nunmal das Problem, dass sie mit radioaktivem Material arbeitet, das ewig lange nachstrahlt. Das macht die Technik so verdammt gefährlich.  Natürlich können auch Kohlekraftwerke in die Luft gehen. Das würde auch immense Schäden verursachen und auch viele Menschen töten. Aber es hätte nicht sie Langszeitfolgen wie ein nuklearer GAU.  Wobei ich auch der Meinung bin, dass Kohlekraftwerke nicht die Lösung sind, aber der Vergleich bot sich an. Denn wer wird schon ein Windrad als ernsthaft gefährlich einstufen, nur weil es das Risiko birgt, umzufallen und zufällig drunter spazierende Menschen zu erschlagen?

Es wurde in der letzten Zeit viel über das "Restrisiko" gesprochen. Wie pervers ist das denn?  Sind die Menschen, die in der Nähe von Kernkraftwerken wohnen einfach nur eine Rechengröße? Und die Natur? Und die folgenden Generationen?
Die Gebiete rund um das havarierte Kernkraftwerk in Japan werden auf Jahre unbewohnbar bleiben. Wir haben in Tchernobyl gesehen, welch gigantische Auswirkungen das hatte. Natürlich sterben auch so Menschen an Krebs, aber wir können nicht absehen, welche Langzeitfolgen beispielsweise im Erbgut von Menschen, Tieren und Pflanzen bestehen.
Und jetzt kommen wir wieder zur Eingangsgeschichte des Steppkes mit dem lustigen TShirt: in den 80er Jahren gingen viele Menschen gegen die Kernkraft auf die Straße. Nicht nur, weil sie Angst um sich selber hatten, sondern auch aus Verantwortung der kommenden Generationen gegenüber.
Denn wo lagert denn der ganze radioaktive Müll? Welche Welt hinterlassen wir unseren Urenkeln? Und warum? Damit der Strom billiger ist? Damit sich Energiekonzerne dumm und dusslig verdienen, weil sie nur den Nutzen aus der Kernenergie ziehen, sich aber einen Dreck um die Entsorgung scheren? Sie müssen das Restrisiko ja noch nichtmal versichern.

Und deswegen kann die Diskussion jetzt auch nicht nur darüber geführt werden, wie groß die Tsunamiwahrscheinlichkeit bei deutschen Kernkraftwerken ist, sondern sie muss auch in die Zukunft gehen: was hinterlassen wir unserer Nachwelt? Wie gehen wir mit der Erde um? Können wir das wirklich verantworten?

Eine unbeherrschbare Technik mit hochtoxischen Abfällen, die wir nicht entsorgen können, sondern die über Generationen noch fröhlich vor sich hinstrahlen werden.

Man führe sich allein vor Augen, dass es Expertenkreise gibt, die sich mit der Frage auseinandersetzen, welche Art von Piktogrammen man auf die Abfallbehälter malt, damit auch künftige Generationen, die vielleicht andere Sprachen sprechen, verstehen, dass sie hiervon lieber die Flossen lassen, sollten sie bei Grabungen zufällig auf die Fässer stoßen. Es ist ja schön, dass man sich darüber Gedanken macht. Aber bei Licht betrachtet ist es doch abartig: Ich vergrabe hochgiftige Dinge, von denen ich weiss, dass sie auf unbestimmte Zeit gefährlich sind und überlege mir, wie ich Menschen, die vielleicht tausende Jahre nach mir leben werden, darauf aufmerksam machen kann. Wieso ist die Überlegung nicht, warum ich solchen Müll lieber gar nicht erst produziere?

Also kann es nur eine Lösung geben: Abschalten. Jetzt.

Und bitte nicht mehr rumeiern. Und keine Kommissionen mehr einberufen. Was soll ich in dieser Frage mit einer Ethikkommission? Wenn ich eine Kommission brauche, die mir sagt, ob es ethisch vertretbar ist, aus reinem Profitdenken heraus die Natur zu schädigen, meinen Urenkeln eine verseuchte Umwelt zu hinterlassen und eine Technik zu fördern, die im Ernstfall nicht beherrschabar ist, wenn ich dazu wirklich eine Kommission brauche, dann habe ich ganz wichtige Dinge im Leben nicht verstanden.

Und ob Deutschlad in dieser Frage einen Alleingang planen sollte? Ja bitte. Unbedingt. Vielleicht wachen unsere Nachbarn dann auch auf. Lasst uns doch endlich mal wieder positiv fortschrittlich und innovativ sein!

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