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Sonntag, 6. Juni 2010

Segelsprache

Eine Woche Segeltörn auf dem Mittelmeer.
Und wer denkt, sprachlich die grösste Herausforderung sei der Umgang mit der unbekannten Sprache Italienisch, liegt weit daneben. Die wahren Herausforderungen ergaben sich an Bord mit einer rein deutschsprachigen Crew, und vor allem einem deutschsprachigen Skipper.



Denn wer rechnet schon damit, dass das an Land durchaus neutrale Klo an Bord auf einmal männlich wird? Und warum ist Dirk an Bord eine Frau und hängt in der Takelage, obwohl er (oder sie?) doch mit dem Segeln so gar nichts zu tun hat? Das heisst, ein echter Kerl wird mit einer derart profanen Aufgabe, den Baum zu halten, wenn das Segel dies nicht tut, einfach zur Frau. Und zum Verb. Abdirken. Auch eine schöne Wendung. Und "Beleg die Dirk" ist auch keine unanständige Aufforderung, sondern erfordert lediglich das Festbinden einer Leine an einer Belegklemme.
Wobei das Wort "Klemme" hier auch irreführend ist. Denn das Einzige, was  diese Klemme klemmt, sind die eigenen Finger, wenn man nicht auf sie achtgibt. Besonders gerne passiert dies beim Belegen der Heckleinen (die zum Glück schon immer weiblich waren, und nun durch ihre rein haltende Funktion nicht auch noch einen Geschlechtswandel über sich ergehen lassen mussten), wenn der Steuermann zu früh in dieselben geht, und die eigenen Finger noch irgendwo zwischen Klemme und Leine hängen.
Ansonsten ist die Klemme "nur" eine Metallvorrichtung, wo man mehr oder weniger geschickt eine Leine so drumherum wickeln kann, dass sie sich einerseits nicht von selber löst, andererseits aber nötigenfalls zügig wieder gelöst werden kann. Segeln ist halt doch paradox ...

Und wo wir gerade bei Leinen sind: wird an Land gerne erschossen, so wird wird an Bord aufgeschossen. Und danach ist man nicht tot, sondern klar. Streng genommen, ist eine nicht aufgeschossene Leine tot, weil nicht klar, und somit nicht zum sofortigen Gebrauch verfügbar. Und wer denkt, das Aufwickeln einer Leine sei Kinderkram .... nun, weit gefehlt. Aber das ist eine andere Geschichte. Die hat entfernt etwas mit Knotenlegasthenie zu tun. Auch so ein wunderschönes Wort, das an Land nicht so recht zu gebrauchen ist.

Dann gibt es noch faule Säcke, gehalten von faulen Jacks. Warum die nun faul sind, ist mir nicht so recht klar geworden. Auf See liegen sie brav und festverzurrt um den Baum, damit sie das Grossegel bei dessen wichtiger Arbeit nicht stören. Und Abends halten sie ebendieses Segel, während es sich nach einem anstrengenden Tag faul im Sack niederlässt und erholt. Aber ein faules Grossegel ist wahrscheinlich nicht gesellschaftsfähig, und so wurde der haltende Sack eben zum Faulpelz erhoben.

Sehr schön ist auch der Moment, wo einen als ahnungsloses Crewmitglied zum ersten Mal der Befehl ereilt, die Fender reinzuholen. Der erste Gedanke: "Wie, ich dachte, jetzt gehts raus zum Segeln?! Was soll ich jetzt mit einer Gitarre?" - Nein, die Fender hängen im Hafen aussen am Boot, sind aus Gummi, und fungieren quasi als Stossdämpfer, wenn zwei nebeneinander liegende Schiffe sich im sanften Wellengang einmal berühren sollten. So, ihre ursprüngliche Aufgabe. Häufig werden sie im Hafen aber auch gebraucht, da das Anlegen von Schiffen mit einer genauso inbrünsitgen Ungeschicklichkeit zelebriert wird, wie das Einparken von Autos. Und da wird im Süden ja auch gerne einmal der Stossfänger als Abstandshalter eingesetzt.

Und dann gibt es  noch so seltsame Kisten, die an Deck eingelassen sind. Sehr sinnvoll die Teile. Einzig der Name: zu Beginn ging ich noch davon aus, dass sie Wachskisten heissen, und verband die Bezeichnung mit der Hoffnung, dass ein Aufenthalt in denselben sich positiv auf meine Körperlänge auswirken könnte. Aber nein, sie heissen Backskisten. Weil Kram an Bord Backs heisst. Oder so. In jedem Fall wächst man darin nicht. Und zuknallen sollte man sie auch nicht. Also nicht, wenn man keinen Dikussionsbedarf mit dem Skipper hat.

to be continued .....

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